Die lange Vorgeschichte
Vorgeschichte:
Eigentlich wollten wir nach Guatemala. Ich hatte den SES-Einsatz schon lange vorbereitet, habe Spanischunterricht genommen, meine Powerpoints auf Spanisch übersetzt, war zweimal in Karlsruhe bei der NGO Nuestros pequenos hermanos um mit der dortigen Betreuerin Evelin alles vorzubereiten. Und dann - nachdem ich den Juli sehr intensiv gearbeitet habe und gleich anschließend Lisa und Ellie aus den USA zu Besuch da waren - merkte ich, dass mir alles zuviel wurde. Dazu kam noch, dass ich in der ersten Schulwoche da sein sollte - und so sagte ich den Einsatz in Guatemala schweren Herzens ab. Ich möchte ihn aber auf jeden Fall nachholen.
Urlaubszielsuche:
Niederlande, Südnorwegen oder Sardinien: zwischen diesen Zielen schwankten wir, hin-und hergerissen zwischen traumhafter Natur in Südnorwegen, türkisen Meeresbuchten auf Sardinien und tollen Städten in den Niederlanden.
Für Südnorwegen ist eigentlich die Zeit zu kurz und die Jahreszeit zu spät, Sardinien ist uns im August zu heiß und zu voll (war aber lange Favorit) und die Niederlande reizen uns sehr, doch die Fülle der wunderschönen Städte versprechen auch nicht unbedingt Erholung.
Uns fiel noch ein weiteres Ziel ein: die französische Atlantikküste.
Dafür spricht, dass wir sie schon ein bisschen kennen, dass das Wetter gut zu uns passt und dass Natur und Kultur in einem guten Einklang stehen. Da wir den französischen Kaffee, im Gegensatz zum leckeren Dessertwein, nicht mögen, nehmen wir kurzerhand unsere kleine Nespressomaschine mit.
Nantua - Cognac
Nantua
An Maria Himmelfahrt starten wir und fahren über Bregenz und die Schweiz bis kurz hinter die französische Grenze nach Nantua, 45 Kilometer westlich von Genf (Luftlinie). Dieses kleine Städtchen im französischen Juragebirge liegt direkt an dem wunderschönen See, Lac de Nantua. Wir finden einen kleinen Campingplatz mit einem sehr netten Besitzer und wunderschönen, ruhigen Stellplätzen. Die Gegend ist hier sehr schön, der See umrahmt von den Bergen, die wie eine riesige Schlucht wirken. Nach der langen Fahrt spazieren wir noch am See entlang und wundern uns, dass überall Badeverbotsschilder stehen. Wir wissen nicht warum.
Am nächsten Tag düsen wir weiter quer durch Frankreich. Wir meiden die Autobahnen, sparen dadurch die Mautgebühr und machen in einem Supermarkt unsere Mittagspause. Natürlich kaufen wir die leckere Pate forestiere, guten Käse und andere Kleinigkeiten.
Cognac
Anschließend fahren wir bis Cognac, kurz hinter Angouleme, wo ich einen schönen Campingplatz direkt am Ufer des Flusses Charante gefunden habe.
Von hier aus sind es mit dem Fahrrad 2,5 Kilometer am Fluss entlang bis nach Cognac, einem bezaubernden Städtchen, in dem wir alle berühmten Cognacdestillerien finden: Martell, Hennessy, Remy Martin und Courvoisier um nur die bekanntesten zu nennen. Das Städtchen liegt in der Flussschleife der Charante, auf der einst flache Kähne die flüssige Kostbarkeit in die weite Welt gebracht haben. Auch heute noch arbeiten die meisten der etwa 20000 Einwohner in der Cognac-"Industrie".
Wir radeln durch die schöne, aber fast ausgestorbene Altstadt bis wir auf die Fußgängerzone stoßen. Hier füllt sich die Stadt gegen Abend mit Leben. Wir können diesen Ort natürlich nicht verlassen ohne einen Cognac zumindest probiert zu haben. So suchen wir uns eine kleine Bar, in der ich nach dem günstigsten Cognac verlange, den sie haben. Wir bekommen ihn, doch der Besitzer kann gar nicht zusehen, dass wir nur den billigsten Cognac trinken. Er bringt uns noch zwei Gläser Wasser und zwei Gläser mit einem recht teuren Cognac, X.O., damit wir den Unterschied schmecken. Und den schmecken wir deutlich. Der Cognac ist ein Branntwein, der durch zweistufiges Brennen gewonnen wird. Grund für das Brennen war früher der Wunsch, Wein für den Export nach England und nach Nordamerika haltbar zu machen. Lange Zeit verdünnte man dann im Zielland wieder den Brand mit Wasser. Qualität und Aromen bekommt der Cognac aus dem Holz der Fässer, in denen er lagert. Je älter der Branntwein ist, desto teurer wird er. Ein V.S. muss zwei Jahre im Holzfass reifen und ein X.O. (extra old) ist mindestens 10 Jahre alt.
Danach genießen wir die Radtour zurück zum Campingplatz. Der Weg führt durch Wald und Wiese immer an der Charante entlang bis wir die Brücke finden, die wir queren müssen um zu unserem Campingplatz zu kommen. Wir nehmen noch ein kurzes Bad in dem dortigen Swimmingpool und freuen uns über das französische Savoir-vivre.
Die Ile d'Oleron
Gegen Mittag erreichen wir unser erstes Urlaubsziel: die Ile d'Oleron an der französischen Atlantikküste, kurz unterhalb von La Rochelle.
Auf die Insel gelangen wir, indem wir den 3 km langen Viaduc d'Oleron überqueren. Kilometerlang stauen sich die Autos auf der Gegenfahrbahn. Samstags verlassen wohl auch viele Franzosen die Insel wieder. Deutsche Autos sehen wir fast keine. Durch den Golfstrom ist das Klima der Insel sehr mild und sie ist sehr beliebt bei den Franzosen.
Bekannt ist die Insel für Salzgewinnung und die Austernzucht. Lange Zeit war sie ein Streitpunkt zwischen England und Frankreich, die beide Besitzansprüche anmeldeten. Im Mittelalter hat die berühmte Eleanor von Aquitanien hier 16 Jahre lang in Gefangenschaft gelebt, da sie die Rebellion ihrer Söhne gegen ihren Ehemann, Heinrich II unterstützt hat.
Während der deutschen Besatzung im zweiten Weltkrieg war die Insel Teil des Atlantikwalls und noch heute findet man an einigen Stränden alte Bunker und Verteidigungsanlagen.
Wir fahren bis an die Spitze der Insel nach St Denis d'Oleron, wo ich einen Camping Municipal rausgesucht habe. Wir entdecken einen tollen Platz gleich hinter der Düne mit Blick aufs Meer, der eigentlich für Zelte reserviert ist. Doch Armin meint mit unserer Mexiko-Erfahrung können wir uns dort in den Sand stellen. Also fahren wir rein - und versinken. Doch wir sind ja ausgerüstet und holen unseren Wagenhaber raus. Armin hatte schon überlegt ihn zuhause zu lassen, denn in Europa brauchen wir ihn sicher nicht. Und nun kam er doch zum Einsatz. Mit Unterlegen von Steinen und kleinen Brettern haben wir es schließlich geschafft wieder rauszukommen. Armin wollte gleich den Platz nebendran auch noch ausprobieren, doch ich habe gestreikt. Einmal eingebuddelt reicht erstmal. So verbringen wir die erste Nacht auf einem normal-hässlichen Stellplatz zwischen anderen Wohnmobilen und Zelten. Doch am zweiten Tag entdeckt Armin einen Platz in der ersten Reihe, an dem zusammengepackt wird und der einen Betonuntergrund hat.. Er ist schnell genug und so bekommen wir in der Hochsaison einen herrlichen Stellplatz in der ersten Reihe mit Blick aufs Meer.
Wir besuchen das nette Städtchen Saint Denis und den dazugehörigen Hafen. Wir beobachten das turbulente Leben im Hafen und die Segelboote. Viele Kat-fahrer sind hier gerade in der Anfangslernphase und Armin kann teilweise gar nicht hinschauen. Wir genehmigen uns ein Crepe und genießen den Trubel.
Am Abend des ersten Tages radeln wir noch zum Leuchtturm an die Spitze der Insel, zum Phare de Chassiron. Er ist eines der ältesten (von 1836), noch aktiven Leuchtfeuer Frankreichs, inzwischen aber ganz modern computergesteuert.