Die lange Anfahrt
Nach so einem traumhaften Sommer, wie wir ihn dieses Jahr zuhause hatten, braucht man eigentlich keinen Urlaub im Süden. Und doch ist es schön wegzukommen, weiterhin schönes Wetter zu haben, Neues kennenzulernen und freie Zeit zusammen zu genießen. Wir haben sechs Wochen Zeit und beschlossen ein Ziel in Europa in Angriff zu nehmen, das sich wegen der langen Anfahrt nur lohnt, wenn man viel Zeit zur Verfügung hat: Portugal
Außerdem hatten uns Freunde von Nordspanien vorgeschwärmt und so wollen wir diese beiden Ziele verbinden. Das Guggenheim-Museum in Bilbao steht schon lange auf unserer Wunschliste.
Am Donnerstag Abend geht es los. Nachdem wir uns in Germering von meinen Eltern und unseren amerikanischen Verwandten Lisa und Ellie verabschiedet haben, müssen wir doch noch einmal nach Hause, denn wir stellen fest, dass wir die Pässe vergessen haben. Die benötigen wir zwar nicht innerhalb Europas, doch wir wollen uns die Option offen halten eventuell mit der Fähre von Marokko nach Genua zurückzufahren und dafür wären sie wichtig. Also noch einmal Harkirchen und zurück zur Lindauer Autobahn. Wir fahren bis Bregenz und übernachten dort wunderbar ruhig auf dem Festspielhausparkplatz. Die Kulisse von der Oper Carmen können wir noch bewundern, leider haben wir sie nicht gesehen.
Am nächsten Tag geht es weiter durch die Schweiz nach Frankreich, wo wir nordwestlich von Lyon, bei Digoin, übernachten. Wir wollen nicht die französischen Autobahnen nehmen, weil uns das zu teuer ist und wir gehört haben, dass die Routes Nationales auch sehr gut zu fahren sind. Leider verfahren wir uns etwas, da das Navi und ich uns nicht einig sind und Armin mal dem einen, mal dem anderen nachfährt. Naja, am Abend schauen wir uns die Karte noch einmal genau an, damit wir zumindest morgen gut vorwärts kommen.
In der Nähe von Digoin finden wir einen wunderschönen Übernachtungsplatz am Loire-Kanal und wir unternehmen einen langen Spaziergang und sitzen abends noch draußen am Wasser.
An unserem zweiten Fahrtag erwischen wir meist vierspurige Routes Nationales und sind recht flott unterwegs. Allerdings schauen wir unterwegs auch nichts an, beschließen aber Frankreich noch einmal extra zu besuchen. Wir fahren über Limoges und Bordeaux, alles Orte, die uns sehr interessieren würden, doch ich habe einen Campingplatz in Saint Jean de Luz vorgebucht, an dem wir vor 19.00 ankommen müssen. Und es gelingt uns auch. Geschafft! Um 17.30 sind wir am Atlantik und blicken fasziniert auf das funkelnde Meer.
Saint Jean de Luz
Saint Jean de Luz ist ein kleiner Ort an der französischen Atlantikküste, südlich von Biarritz und etwa 10 Kilometer von der spanischen Grenze entfernt. Es ist der einzige geschützte Hafen zwischen Arcachon und der spanischen Grenze. Dank der Dämme, die sich vor der Stadt befinden, hat sich das kleine Städtchen zu einem berühmten Badeort entwickelt, denn am Strand kommt man sich fast vor wie am Mittelmeer. Wir können hier herrlich baden ohne dass wir in die "Wellenrolle" geraten.
Nach unserem langen Autotag radeln wir abends noch in das drei Kilometer entfernte, entzückende Städtchen. An der Küste führt uns der wunderschöne sentier litoral immer mit Blick aufs Meer bis zum Hafen der Stadt. Wir schieben die Räder durch die ausgedehnte Fussgängerzone und sind begeistert. Hier tobt das Leben: viele kleine Restaurants, aus denen es nach Fischgerichten duftet, überall werden Austern angeboten, hübsche kleine Geschäfte säumen die Gässchen. Sehr apart gewebte Strandtücher werden hier verkauft. Offensichtlich ist das Baskenland bekannt für seine gewebten Stoffe und auch Handtücher. Gut, dass die Läden jetzt geschlossen haben. Montag ist früh genug um shoppen zu gehen. Wir trinken noch einen Kir Basque und dann machen wir uns auf den Heimweg.
Mit Hilfe des Handys finden wir zurück zum Campingplatz, denn wir wollen den hügeligen Küstenweg nicht bei Dunkelheit fahren.
Den nächsten Tag verbringen wir gemütlich beim Baden am Strand.
Biarritz
Biarritz liegt nur 12 Kilometer von Saint Jean de Luz entfernt und so unternehmen wir einen Ausflug dorthin. Die Stadt ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts als Seebad berühmt, nachdem Napoleon III und die Kaiserin Eugenie hier ihre Sommerresidenz etabliert hatten. Bis weit nach dem 2. Weltkrieg traf sich hier der Adel und heute ist eine Surferhochburg entstanden. Uns macht es Spass durch die kleinen Gässchen zu schlendern, in die Geschäfte hineinzuschauen und die Felsformationen vor dem vollen Stadtstrand zu bewundern. Eines der Wahrzeichen der Stadt ist eine Statue der Jungfrau Maria auf einem Felsen im Meer, der Rocher de la Vierge, der durch eine von Gustave Eiffel erbaute Brücke zu erreichen ist.
San Sebastian/Donostia
Nur zwanzig Kilometer hinter der französisch/spanischen Grenze liegt San Sebastian. Da das nur 30 Kilometer von uns entfernt ist, beschließen wir uns die Stadt von hier aus anzuschauen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es für uns besser ist, länger an einem Ort zu verweilen und von dort aus Sternfahrten zu unternehmen. Dann hat man nicht ganz so viele Wechsel der Übernachtungsorte.
San Sebastian oder Donostia, wie es in der baskischen Sprache heißt, ist eine faszinierende Stadt mit einer herrlichen Altstadt, die an der Bucht La Concha (die Muschel) gelegen ist. Die Altstadt verläuft im Bogen um diese Bucht herum, die von einem riesigen Strand begrenzt wird, dem Playa de la Concha. Timba darf leider nicht an den Strand, doch wir schauen von oben dem wuseligen Treiben im Sand und im Wasser zu. Lustigerweise gehen die Leute hier alle im seichten Wasser spazieren.
San Sebastian ist eine der kulinarischen Hauptstädte Europas und hat eine große Dichte von Michelinsternen. Sogar einen Studiengang mit Hochschulabschluss gibt es hier: "Gastronomie und Kulinarische Künste".
Auch wir genießen die berühmten Pinxtos, eine überregionale kulinarische Besonderheit der Stadt, die in der Altstadt von jeder Bar angeboten werden: kleine, unterschiedliche Gourmetportionen, die oftmals auf einer Scheibe Weißbrot aufgespießt sind. Man kann in jeder Bar viele verschiedene Arten von Pinxtos probieren und wir können uns gar nicht entscheiden, welche der Köstlichkeiten wir auswählen sollen. Dazu gibt es ein Glas Wein. Da lässt es sich gut leben, allerdings begrenzt der Preis den Genuss.
Hier in San Sebastian gibt es ganze Wettbewerbe der Cocina en miniatura, wie die pintxos auch genannt werden.
Eine weitere Besonderheit ist die Plaza de la Constitucion: dieser Platz ist umrahmt von Gebäuden mit Balkonen zum Platz, die alle mit Nummern versehen sind. Früher wurden hier Stierkämpfe ausgetragen und die Bewohner vermieteten ihre Balkone als Logen an Zuschauer.
Wir schlendern durch die Gassen der Altstadt, besichtigen die gotischen Kirchen und genießen das Flair der Stadt.
Zurück am Campingplatz gehen wir baden und anschließend lassen wir Timba im Auto und radeln noch einmal nach Saint Jean de Luz. Dies ist einfach ein hübsches kleines Städtchen mit einer riesigen Fussgängerzone und viel Flair. Wir genießen einen Cidre mit einem Charcuterie-Teller, doch dann wird es ziemlich dunkel. Regenwolken brauen sich über uns zusammen. Wir warten bis das Gewitter weiter gezogen ist, radeln aber im strömenden Regen zurück, weil uns eingefallen ist, dass wir die Dachluke aufgelassen haben. Netterweise haben unsere Nachbarn Teppich und Stühle ganz ans Wohnmobil gelehnt, doch es hat etwas reingeregnet und wir sind patschnass. Alles trocknet wieder und nach einer warmen Dusche und trockenen Kleidern geht es uns wieder gut.